Sterilgutversorgung im Fokus

Wie sich das Klinikum Kassel mit einer Industriepartnerschaft den steigenden Anforderungen an die Sterilgutaufbereitung stellt

Um die Mittagszeit des 1. Augusts 2015, einem Samstag, war es so weit. Am Vormittag hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentralsterilisation des Klinikums Kassel noch die letzten Instrumente von den nächtlichen OPs in den alten Räumlichkeiten aufbereitet. Schon am Nachmittag arbeiteten sie in der neuen Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) weiter, für die in den 14 Monaten zuvor ein ganz neues Gebäude geplant und errichtet worden war.

Der Neubau zeichnet sich nicht nur durch große Fenster und dadurch taghelle Räume aus, die zudem automatisch be- und entlüftet werden. Er bietet auch fast doppelt so viel Platz und ermöglicht dadurch ein einfacheres Rangieren und Abstellen der Containerwagen. Die mehr als 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielten moderne ergonomisch ausgestattete Arbeitsplätze. Zudem erleichtert ihnen die automatische Be- und Entladung der neuen Geräte die Arbeit erheblich. Auch die Umkleiden und der Aufenthaltsraum sind modern ausgestattet und bieten den Beschäftigten eine optimale Struktur.

Geplant für optimale Betriebsabläufe

Ein kompletter Neubau (kein Umbau im Bestand) einer völlig autarken Aufbereitungseinheit bietet den Vorteil die Ausstattung und Räumlichkeiten auf optimale Betriebsabläufe hin zu planen. Die Annahme, der unreine Bereich, der reine Bereich mit seinen zwölf Packplätzen, der sterile Bereich mit Sterilgutlager und die Ausgabe sind wie auf einer U-förmigen-Kette aneinandergereiht, die um Umkleiden, Sanitäranlagen und Aufenthaltsräume gelegt ist. Insgesamt vier Personalschleusen ermöglichen den Zugang von und zum reinen Bereich. Für die Ver- und Entsorgung sowie für Reinigungsmittel gibt es separate Räume.

Die technische Ausstattung befindet sich auf dem modernsten Stand der Technik: darunter vier Reinigungs- und Desinfektionsgeräte (RDG), zwei Containerwaschanlagen sowie vier Dampfsterilisatoren. Für temperaturempfindliche Instrumente aus Kunststoffen wurde ein spezieller Niedertemperatur-Sterilisator mit Formaldehyd angeschafft. Die RDGs verfügen über jeweils zwei Kammern (eine für das Waschen, Desinfizieren und Nachspülen sowie eine für die Trocknung), was einen höheren Durchlauf ermöglicht als bei den bisherigen Ein-Kammer-Geräten. Dadurch reduziert sich die Laufzeit von etwa 80 auf 50 Minuten. Auch bei den modernen Sterilisatoren fällt der Zeitaufwand mit 50 statt bislang 75 Minuten geringer aus. Trotz ihrer hohen Leistungsstärke verbrauchen die neuen Geräte weniger Wasser und Energie. Zudem sorgt ein eigenes Blockheizkraftwerk für eine effiziente Strom- und Wärmeversorgung.

Zunehmend komplexere chirurgische Instrumente

Mit der neuen Aufbereitungsanlage sind das Klinikum Kassel und die weiteren Einrichtungen der Gesundheit Nordhessen Holding (GNH) AG optimal auf die künftigen Anforderungen an die Sterilgutaufbereitung vorbereitet. Diese werden angesichts neuer OP-Techniken und zunehmend komplexeren chirurgischen Instrumenten immer größer. Nicht zuletzt der Trend zur minimalinvasiven Chirurgie führt zu einer Vielzahl von immer spezialisierteren Medizinprodukten mit millimeterkleinen Durchmessern. Deren Aufbereitung erfordert ein umfangreiches Fachwissen sowie eine moderne technische und räumliche Ausstattung.

Um diese Voraussetzungen auch in Zukunft erfüllen zu können, entschied sich das Klinikum Kassel für eine Industriepartnerschaft, mit der es zuvor bereits im Bereich Medizintechnik gute Erfahrungen gesammelt hatte. Innerhalb eines europaweiten Vergabeverfahrens wählte das Klinikum den Krankenhausdienstleister VAMED als Partner aus. Beide gründeten 2014 eine gemeinsame Servicegesellschaft: die CASALIS Facility Services GmbH. An ihr hält das Klinikum 51 Prozent der Anteile und der private Partner 49 Prozent. Parallel dazu entstand die neue AEMP.

Die Investitionen in Höhe von rund 5,4 Millionen Euro werden über ein Leasingmodell finanziert: Das Gebäude wurde von VAMED geplant, errichtet sowie technisch ausgestattet und wird jetzt an die CASALIS Facility Services GmbH vermietet. Diese hat bereits die bisherige Zentralsterilisation betrieben, was einen reibungslosen Übergang ohne Betriebsunterbrechung ermöglichte. Für die Zukunft ist geplant, die Sterilgutversorgung für die Krankenhäuser der GNH sowie weitere Krankenhäuser in der Region anzubieten.